ORGANISATION ALS EIN SOZIALES SYSTEM
Luhmann nennt Organisationen autopoietische Systeme, die sich selber durch eigene Operationen produzieren und reproduzieren (Luhmann 20111:9). Laut Luhmann gibt es drei Systeme, das soziale, das biologische und das psychische System (Berghaus 2011:32). Eine Organisation ist ein soziales System. Berghaus schreibt folgendes zu dem Begriff System (:41):
„System und Umwelt sind vielmehr zwei Seiten derselben Medaille. Die beiden Größen sind aufeinander bezogen. Das heißt, es ist unsinnig, etwas über ein System aussagen zu wollen, ohne diese spezifische Differenz, seine Grenze zur Umwelt, mit zu denken. Ein System ist Differenz zur Umwelt. Umwelt gibt es nur durch das System. Die Umwelt ist die „Außenseite“ des Systems.“
Wenn ein System eine Differenz zur Umwelt ist, dann stellt sich die Frage, wie diese Differenz zustande kommt. Der Begriff Operation wird zur Beantwortung dieser Fra-ge nötig sein.
Berghaus beschreibt „Operation“ als einen allgemeinen Begriff für entscheidende Aktivitäten von Systemen. Es ist eine Aktivitätsart, mit der das System sich selbst produziert und reproduziert (:38). Das nachfolgende Beispiel von Berghaus anhand eines psychischen Systems soll das verdeutlichen. Bewusstseinsprozesse wie Wahrnehmung und Denken sind Operationen in einem psychischen System (:38). Die Operationsweise in einem sozialen System ist die Kommunikation. Die Operationen in einem System dienen dazu, dass das System sich produziert und reproduziert. Luhmann verwendet dazu den Begriff „Autopoiesis“. Autopoiesis ist die Selbstproduktion des Systems auf der Basis der eigenen Elemente (zitiert in Berghaus 2011:51). Für das soziale System bedeutet das, dass es sich durch Kommunikation produziert und reproduziert.
Entscheidungen der Organisation
Wie sind diese Erkenntnisse in einer Organisation zu verstehen? Organisationen entstehen und reproduzieren sich, wenn es zur Kommunikation von Entscheidungen kommt (Luhmann 2011:63). Das bedeutet, dass Organisationen durch Ent-scheidungen geführt werden. Auch wenn Kühl drei besondere Merkmale, Mitglied-schaft, Zwecke und Hierarchien erwähnt um die Besonderheit der Organisation bestimmen zu können, bleiben diese Kriterien jedoch zweitrangig (Kühl 2011:17). Kri-terien sind in einer Organisation als Resultate von Entscheidungsoperationen des Systems zu betrachten (Luhmann 2011:63).
Entscheidungsoperationen sind für das Führen einer Organisation grundlegend. Anhand von den zwei Kriterien, Zweck und Mitgliedschaft, soll das Führen einer Non-Profit Organisation deutlich werden. Für eine Organisation ist es von zentraler Bedeutung, dass sie über Zweck, Hierarchien und Mitgliedschaften selbst entscheiden kann (Kühl 2011:21). Kühl sieht den Zweck an erster Stelle, denn schließlich ist es der Zweck, von dem alles, was in der Organisation abläuft, verstanden werden müsse (:23). So wird zuerst in einer Organisation über den Zweck entschieden, der weitere Entscheidungen nach sich zieht. So entscheidet sich zum Beispiel ein christliches Werk eine Suppenküche für Obdachlose zu eröffnen, Kleiderspenden für die Obdachlosen zu sammeln und Seelsorgegespräche zu führen, um so die Menschen für eine Therapie vorzubereiten. Nachdem der Zweck bestimmt ist muss auch darüber entschieden werden, welche Handlungen notwendig sind um die Ziele zu erreichen. Dabei ist für das Werk besonders wichtig, sich selbst und die Um-welt d.h. die Zielgruppe und alles was damit zusammen hängt zu beobachten um notwendige Handlungen ausführen zu können. Aus der Beobachtung wird auch deutlich, welche Mitarbeiter oder Mitglieder dafür notwendig sind, um die Handlungen auszuführen. Denn schließlich sind die hervorgebrachten Handlungen der einzelnen Individuen Verzahnungen, die für die Erreichung des Zweckes notwendig sind (Simon 2007:17).
Eine Organisation wird also durch Entscheidungen geführt. Eine Entscheidung für einen bestimmten Zweck wird getroffen, bestimmte Regeln für Mitglieder werden festgelegt oder ausgesuchte Personen werden eingestellt usw. Entscheidungen sind für eine Organisation lebensnotwendig.
Entscheidungsprozess
Der Managmentlehrer Fredmund Malik schlägt nicht umsonst einen Entscheidungsprozess mit sieben Schritten vor. Denn schließlich läuft alles in der Entscheidung zusammen. In ihr wird alles auf den Punkt gebracht (Malik 2006:202). Im ersten Schritt soll das Problem präzise bestimmt werden, im zweiten Schritt Anforderungen erarbeitet, die die Entscheidung erfüllen muss (:214). Im dritten Schritt sollen alle möglichen Alternativen gefunden werden. Führungskräfte sollen sich selbst und ihre Mitarbeiter zwingen nach weiteren Alternativen zu suchen und sich nicht mit den Ersten zufrieden zu geben (:215). Eine Analyse der Risiken und Folgen für jede Alternative soll im vierten Schritt durchgeführt werden (:216). Der fünfte Schritt ist der Entschluss selbst. Dieser beruht auf den vorangehenden Schritten, die gewissenhaft durchgeführt wurden (:219). Im sechsten Schritt soll die Entscheidung realisiert werden. Dabei spricht Malik erst dann von einer Entscheidung, wenn der Entschluss in sichtbare und richtige Ergebnisse transformiert wird (:221). Der letzte Schritt ist die Etablierung von Feedback. Das bedeutet, dass die Entscheidung und die Realisierung nicht mehr aus den Augen gelassen werden darf (:223).
Zu verstehen, dass eine Organisation ein soziales System ist, dass durch Kommunikation d.h. durch Entscheidungen bestimmt wird, ist von hoher Bedeutung. Es sind nicht die Maschinen oder Menschen, die vordergründig in der Organisation eine Rolle spielen, sondern Entscheidungen. Denn es wird entschieden, welchen Zweck, welche Maschinen, welche Personen oder welche Hierarchien eingeführt werden sollen. Da für die Führung einer Organisation Entscheidungen grundlegend sind, sollte ein durchdachter Entscheidungsprozess installiert werden. Denn schließlich bestimmt eine Entscheidung den weiteren Prozess und alle weiteren Entscheidungen beruhen darauf.
Literaturverzeichnis
Berghaus, Margot 2011. Luhmann leicht gemacht. Eine Einführung in die Systemtheorie. 3. Aufl. UTB. Köln u.a. Böhlau
Kühl, Stefen 2011. Organisationen. Eine sehr kurze Einführung.: Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Luhmann, Niklas 2011. Organisation und Entscheidung. 3. Aufl. Wiesbaden VS Ver-lag für Sozialwissenschaften.
Malik, Fredmund 2006. Führen. Leisten. Leben. Wirksames Management für eine neue Zeit. Frankfurt, New York: Campus.
Simon, Fritz B 2007. Einführung in die systemische Organisationstheorie. 4. Aufl. Heidelberg: Carl Auer.